Interview: Wie passen New Work und Nachhaltigkeit zusammen?

Unternehmen müssen sich ständig an eine dynamische Arbeitswelt anpassen. Stichwort: New Work. Doch wie lässt sich dies mit den wichtigen Nachhaltigkeitszielen vereinbaren, die ebenfalls für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen entscheidend sind?

Flexibles Arbeiten, mehr Partizipation oder Vier-Tage-Woche: Das Konzept „New Work“ ist eine Antwort auf die sich ständig wandelnde Arbeitswelt, in der wir uns gerade befinden. Gleichzeitig sollten sich Unternehmen nicht nur fragen, wie sie das neue Arbeiten für sich umsetzen, um zukunftsfähig zu bleiben. Sondern auch, inwieweit sie dabei Nachhaltigkeitsziele im Blick haben, die ebenfalls die Zukunft sichern.  

Wie vereinbar sind New Work und Nachhaltigkeit aus Unternehmensperspektive also? Katharina Müller aus unserem Social Media Team hat bei einem Spaziergang durch das Werksviertel am Münchener Ostbahnhof einmal bei unserer Head of Sustainability, Kirsten Gnadl, nachgefragt.

Kirsten, gleich zu Beginn gefragt: Hältst du Nachhaltigkeit und New Work für ein harmonisches Duo? 

Kirsten: Grundsätzlich finde ich, dass New Work und Nachhaltigkeit im Sinne der ESG-Kriterien sehr gut zusammenpassen, weil sich beide Themen gegenseitig bedingen. Ein Beispiel: Für die CO2-Bilanz ist es entscheidend, ob die Mitarbeitenden ins Büro kommen oder im Home-Office arbeiten. Denn wer von zuhause aus arbeitet, spart sich Anfahrtswege und lässt das Auto mehr in der Garage stehen.  

Unternehmen, die im Zeichen von New Work ein hybrides Arbeitsmodell zulassen, zahlen gleichzeitig auch auf ihre soziale Nachhaltigkeit ein – das „Social“ in ESG sollte nämlich nicht vernachlässigt werden. Diese stellt die Frage, wie zufrieden die Mitarbeitenden bei ihrer Arbeit im Unternehmen sind. Ein Faktor ist zum Beispiel die Möglichkeit, Familie, Beruf und Privatleben gut miteinander zu vereinbaren. Das ist mit einem hybriden Arbeitsmodell natürlich besser möglich. Genau das sind Punkte, an dem New Work und Nachhaltigkeit auf ein gemeinsames Ziel einzahlen. 

Kirsten findet, dass Unternehmen durch New Work-Angebote gut auf das Social „S“ in ESG einzahlen.

Wie lassen sich die beiden Ideen denn in Unternehmen umsetzen, bei denen die Belegschaft diversere Aufgabenbereiche hat – im Office, aber auch in Produktionsanlagen? Blue Collar Worker könnten dem Unternehmen vorwerfen, dass Home-Office für sie keine Option ist und sie so auch nicht zu den Nachhaltigkeitszielen beitragen können.

Kirsten: Klar, wenn ich im Supermarkt arbeite oder in der Fertigung, dann kann ich nicht zu Hause bleiben. Das ist natürlich eine Herausforderung in der Kommunikation. Die Unternehmensleitung muss darauf achten, dass keine Missgunst zwischen den Mitarbeitenden entsteht. Und in diesem Fall gibt es sicherlich andere Möglichkeiten, um für soziale Nachhaltigkeit zu sorgen: Zum Beispiel das Zeitbudget unkonventionell zu nutzen und den Arbeitszeitmodus anzupassen oder über bestimmte Urlaubsregelungen und Modelle, an denen man mehreren Tagen oder Wochen hintereinander arbeitet und dann über einen längeren Zeitraum frei hat.  

Was die ökologische Nachhaltigkeit betrifft, gibt es im Produktionsprozess noch ganz andere Hebel als in einem Dienstleistungsunternehmen. Hier sind andere Faktoren für den ökologischen Fußabdruck wesentlich als nur die Fahrten der Mitarbeitenden. Produzierende Unternehmen können beispielsweise bei der Energie für Wärme und Strom oder in der Logistik einsparen. Das sichert auch die ökonomische Nachhaltigkeit, die Voraussetzung für alles andere. 

Sowohl New Work als auch nachhaltiges Handeln bedeuten auch immer eine Veränderung im Unternehmen. Wie kann Kommunikation die Vielzahl an Changes gut begleiten und einer Change-Müdigkeit vorbeugen? 

Kirsten: Die Erfahrung zeigt, dass die interne Kommunikation ein maßgebliches Feld für gelungene Nachhaltigkeit ist. Gleichzeitig muss man Verständnis dafür haben, dass Mitarbeitende nicht unbedingt erpicht darauf sind, ihre Arbeitsweisen zu verändern. Denn Menschen sind grundsätzlich Gewohnheitstiere: Gewohnte, regelmäßige Abläufe schaffen Sicherheit. Deswegen ist es in der Kommunikation besonders wichtig, die Menschen von Anfang an mitzunehmen und sie in den Change-Prozess mit einzubinden. Möglicherweise haben sie besondere Herzensthemen, bei denen jeder und jede Einzelne auch Selbstwirksamkeit erfährt. Zum Beispiel, wenn sich Mitarbeitende in Arbeitsgruppen engagieren, die sich ein gemeinsames Ziel gesetzt haben.  

Apropos: Es ist ganz wichtig, ein positives Zielbild darzustellen, um aufzuzeigen, was jeder und jede Mitarbeitende eigenständig beitragen und erreichen kann und wo persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen sind. So ist es auch viel leichter, sich vorzustellen, wie der Weg dahin aussehen könnte. Die Kommunikation von Zwischenzielen und Fortschritten – und diese dann auch zu feiern – hält die Motivation auch über einen längeren Zeitraum hoch. Im Übrigen zählt am Ende die beste Idee – und nicht, welches Level sie eingebracht hat. 

Auch das Werksviertel wird immer grüner: Katharina (links) und Kirsten (rechts) entdecken eine Foodwaste-Installation beim Spaziergang entlang der Blumeninseln zwischen den hohen Bürogebäuden.

Hast du noch ein Beispiel für gelungene Nachhaltigkeitskommunikation? 

Ein Unternehmen, bei dem die Nachhaltigkeitskommunikation aus meiner Sicht wirklich gut läuft und von dem ich sehr begeistert bin, ist der Outdoor-Ausrüster VAUDE. Geschäftsführerin Antje von Dewitz hat das Familienunternehmen vor 15 Jahren von ihrem Vater übernommen und das Geschäftsmodell konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Sie kommuniziert transparent und auf Augenhöhe, bindet ihre Mitarbeitenden bei wichtigen Entscheidungen frühzeitig mit ein. Auch nach außen hin bietet die Unternehmenswebsite und LinkedIn viel Einblick in die Umsetzung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Besonders als produzierendes Unternehmen in der Textilbranche gibt es hier sehr, sehr viele Baustellen. Doch hört das S in ESG bei VAUDE nicht mit der sozialen Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden auf, sondern zieht sich bis in die selbstauferlegten, hohen Standards der eigenen Lieferketten. Von dieser Erfolgsgeschichte „Made in Germany“ könnten sich meiner Meinung nach viele weitere Unternehmen inspirieren lassen.  

Vielen Dank für das Interview, Kirsten! 

Erfahren Sie mehr über die nachhaltige Marke VAUDE auf der Unternehmenshomepage. Kirsten gibt auf unserem Blog außerdem auch noch Tipps, wie eine positive Nachhaltigkeitskommunikation gelingt. Lesen Sie rein.

Autor:in

Katharina Müller

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