Was das Thema Gendern und geschlechtersensible Sprache angeht, scheiden sich die Geister. Unsere Geschäftsführerin Claudia Thaler hat dazu eine klare Haltung.
"Gendersternchen ist jetzt Rechtschreibfehler". Diese Überschrift auf einem Online-Portal hat uns nachdenklich gemacht. Denn der Rat für deutsche Rechtschreibung hat für alle Schulen und die Verwaltung verbindlich festgelegt: Gender-Sonderzeichen gehören nicht zum Kernbestand der Orthografie. Und gelten damit schlichtweg als Fehler.
Bedeutet das nun, dass Schülerinnen und Schüler künftig eine Note 6 bekommen, wenn sie dennoch gendern?
Ganz so einfach ist das nicht: Denn das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung, in dem diese Regelung steht und nach dem sich übrigens auch der Duden richtet, bezieht sich ausdrücklich auf die Verwendung von Gendersternchen, Binnen-I, Unterstrich und Co. Es gibt nicht vor, ausschließlich das "generische Maskulin", also die männliche Form, in Texten zu nutzen. Weibliche Formen und genderneutrale Formulierungen sind weiterhin erlaubt.
Nichtsdestoweniger – an dem Thema gendergerechten Sprache scheiden sich die Geister.
Branchenverbände in der Kommunikation und im Journalismus oder auch einzelne Institutionen haben zur gendergerechten Sprache schon längst Stellung bezogen und Leitfäden entwickelt. Beispielsweise der BdKom, der in seinem Kompendium "Gendersensible Sprache" Einblicke in die Gender-Praxis von Unternehmen und Agenturen gibt und Formulierungsvorschläge für den eigenen Alltag liefert.
Auch wir als Agentur verwenden seit mehreren Jahren eine gendersensible Sprache. Denn in einer Branche mit hohem Frauenanteil ist es uns wichtig, durch die Art, wie wir kommunizieren, alle Geschlechter sichtbar zu machen und allen Menschen wertschätzend und auf Augenhöhe zu begegnen. Uns ist auch bewusst, dass wir als Kommunikationsverantwortliche mit gutem Beispiel vorangehen müssen, um einen gesellschaftlichen Wandel zu unterstützen.
Wieso überhaupt Gendern?
„Sitzen zwei Piloten im Cockpit. Sagt die eine zur anderen: ‚Wetten, dass jetzt keiner an zwei Frauen gedacht hat?‘“
Fühlen Sie sich ertappt? Dann sind Sie auf keinen Fall allein. Dieses Beispiel zeigt die Grenze des bisher gebräuchlichen „generischen Maskulinum“. Auch wenn Frauen „mitgemeint“ sind, so entsteht in unseren Köpfen doch vorwiegend ein männliches Bild.
Sprache gibt die Wirklichkeit wieder. Und "Sprache schafft Wirklichkeit". Dieser Satz wird übrigens oft dem Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann zugeschrieben. In dieser prägnanten Form stammt er allerdings nicht direkt von ihm. Luhmann hat jedoch in seiner Systemtheorie und seinen Arbeiten zur Kommunikationstheorie betont, wie Sprache und Kommunikation die Wahrnehmung und Konstruktion der sozialen Realität beeinflussen.
Ein Beispiel dafür sind Berufsbezeichnungen wie Kauffrau oder eben Pilotin, die lange Zeit nicht gebräuchlich waren. Ein Hinweis darauf, dass es in der Vergangenheit Männern vorbehalten war, diese Berufe auszuüben. Eine korrekte Sprache hilft, die eigene Vorstellung zu erweitern und die Grenzen des Möglichen auszuloten.
Das Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit und Lesefluss
Die Forderung nach Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache ist inzwischen zu einer hochemotionalen Auseinandersetzung geworden. Es gibt erbitterte Gegner und Gegnerinnen des „Firlefanz“, Menschen, die sich über das „Wie“ streiten und andere, die wiederrum alles Gendern, was ihnen in die Quere kommt.
Hier ist Mittelmaß gefragt.
Für uns Kommunikationsverantwortliche ist wichtig, dass Texte verständlich bleiben und der Lesefluss gewährleistet wird. Ein Text, der sich in der Auflistung männlicher und weiblicher Berufsbezeichnungen verliert, ist nicht nur schwer zu begreifen, sondern wird im Zweifelsfall überhaupt nicht gelesen.
Daher sollte man sich beim Schreiben eines Textes immer fragen:
- Ist Gendern an dieser Stelle sinnvoll?
- Finde ich eine andere Formulierung?
- Bin ich eindeutig oder missverständlich?
So umfassen geschlechtsneutrale Begriffe wie Mitglied bereits alle Geschlechter. Auch Verben oder Adjektive wie verarzten oder fachmännisch könnte man natürlich streng genommen gendern – oder einfach von „eine Verletzung versorgen“ oder „fachkundig“ sprechen.
Ein weiteres Beispiel, das die Frage nach dem Mittelmaß aufwirft, lieferte ein Online-Bericht der Tagesschau. Dort wurde von „entbindender Person“ gesprochen. Gemeint war die Mutter des Kindes.
In dieser Debatte sind wir als Kommunikationsverantwortliche also in zweifacher Hinsicht gefordert: Voran zu gehen, im Sinne der Inklusion Sprache zu formen und gleichzeitig für Lesbarkeit und Verständlichkeit zu sorgen. Oder – um es in den neuen Worten eines sehr bekannten Satzes zu sagen:
"Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke".
Wer nach Inspiration für gendergerechte Ausdrücke sucht, dem legen wir folgende Webseiten ans Herz:
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