Zwischen Werten, Vision und Verantwortung: Kommunikation in Familienunternehmen

„Das haben wir immer schon so gesagt“ – ein Satz, den man in Familienunternehmen häufig hört. Oder auch: „Wir meinen, was wir sagen.“ Beides klingt vertraut und bodenständig. Und es verrät viel über die Art der Kommunikation in familiengeführten Unternehmen: persönlich, gewachsen, oft stark geprägt von Werten und Beziehungen. In einer Kommunikationswelt, die von Geschwindigkeit, Performance und Zahlen bestimmt wird, nehmen sie eine besondere Rolle ein. Ihre Sprache ist leiser, aber oft wirkungsvoller. Sie unterscheidet sich subtil, aber deutlich von der Kommunikation in großen Konzernen oder börsennotierten DAX-Unternehmen. Doch woran genau erkennt man diese Unterschiede? Und wo liegen die Herausforderungen im Wandel?

Werte als Fundament – Kommunikation mit Blick auf das große Ganze 

In Familienunternehmen spielen Werte wie Verantwortung, Vertrauen, Verlässlichkeit und Loyalität eine zentrale Rolle. Sie sind nicht nur wohlklingende Begriffe auf der Website, sondern über Generationen hinweg gelebte Realität. Diese Haltung prägt nicht nur wirtschaftliche Entscheidungen, sondern auch die Unternehmenskultur und Kommunikation. Während börsennotierte Unternehmen ihre Botschaften oft an Kapitalmarkterwartungen und Stakeholder-Logiken ausrichten, orientieren sich Familienunternehmen stärker an ihren eigenen Prinzipien - und an ihrem wichtigsten Kapital: den Mitarbeitenden. Dabei stehen nicht kurzfristige Kennzahlen im Mittelpunkt, sondern die langfristige Perspektive. Es geht um Fragen wie: Wo kommen wir her? Wo wollen wir gemeinsam hin? Erfolg wird nicht ausschließlich im Finanzbericht gemessen, sondern auch an Kontinuität, Zusammenhalt und Vertrauen. Dieser Blick nach vorn spiegelt sich auch in der Sprache wider. Familienunternehmen denken in Generationen, nicht in Quartalen. Nachhaltigkeit, Verlässlichkeit und Beziehungsarbeit haben Vorrang. Wie Paul Watzlawick es formulierte: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei letzterer den ersteren bestimmt.“ Genau das prägt den Kommunikationsstil in Familienunternehmen. Der Inhalt ist wichtig, doch Tonfall, persönliche Nähe und gegenseitiges Vertrauen sind oft entscheidender. Das beeinflusst nicht nur die Kommunikationskanäle, sondern auch die Tiefe und Qualität der Inhalte. Der Dialog mit Mitarbeitenden ist häufig persönlicher, direkter und stärker im Alltag verankert. Kommunikation entsteht nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Überzeugung. Sie wirkt besonders stark von innen nach außen. 

Die Rolle der Familie: Historie schafft Glaubwürdigkeit 

Ein besonderer Kommunikationsvorteil von Familienunternehmen ist ihre authentische Geschichte. Die Einbindung der Unternehmerfamilie, sei es in Reden, auf Veranstaltungen oder durch persönliche Statements - verleiht der Kommunikation Gesicht, und Tiefe. Gleichzeitig ist diese persönliche Ansprache ein wichtiger Glaubwürdigkeitsträger: Kunden, Partner und Mitarbeitende erleben die Familie nicht nur als Eigentümer, sondern als Teil des Unternehmens, die langfristig im Unternehmen sind und nicht mit anderen Personalien ausgewechselt werden. Wenn Unternehmenswerte durch das persönliche Engagement der Familie sichtbar und erlebbar werden, entsteht ein Vertrauensvorsprung, den große Konzerne nur schwer erzeugen können. Natürlich gibt es auch hier Marketingstrategien und Corporate Language - aber die besten Geschichten entstehen aus dem gelebten Alltag: Aus der Produktionshalle, vom Gründer, aus Gesprächen mit Mitarbeitenden. Diese Authentizität ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Sie macht Unternehmen nahbar und zeigt: „Wir meinen, was wir sagen - und wir stehen dafür ein.“

Herausforderung: Zwischen Tradition und Wandel 

Doch genau in dieser wertebasierten, oft historisch gewachsenen Struktur liegt eine der größten Herausforderungen von Familienunternehmen: der Umgang mit Veränderung. Typische Aussagen von Führungskräften zeigen, wie stark Kommunikation und Change Management von persönlicher Prägung, Nähe und Tradition beeinflusst sind. Aussagen wie „Das haben wir immer schon so gemacht“ oder „Wir sind wie eine Familie, da redet man direkt miteinander“ hört man häufig und verdeutlichen, wie tief informelle Kommunikationswege verankert sind. Diese Nähe ist ein klarer Vorteil, kann jedoch auch zu Intransparenz, fehlender Dokumentation oder mangelnder Umsetzungsdisziplin führen. 

Gerade beim Thema Veränderung entsteht häufig ein Spannungsfeld. Der Wunsch, Wandel zu gestalten, ohne die eigenen Werte zu verlieren, ist allgegenwärtig. Aussagen wie „Digitalisierung ja, aber bitte mit Maß und Ziel“ oder „Wenn mein Vater das hören würde…“ zeigen, wie eng emotionale Bindung und Veränderungsdynamik miteinander verwoben sind. Change-Prozesse verlaufen in Familienunternehmen daher häufig weniger systematisch, zwar inhaltlich wertvoll aber immer mit persönlichem Aspekt. Entscheidungen werden oft schnell und informell getroffen, was zwar Flexibilität schafft, aber auch das Risiko birgt, dass wichtige Informationen verloren gehen oder nicht konsequent weitergetragen werden. 

Die Kultur des behutsamen Wandels - Schritt für Schritt, mit Blick auf das Miteinander - erfordert Fingerspitzengefühl. Aber sie braucht auch eine klare Kommunikationsstrategie, die Verlässlichkeit mit Struktur und Transparenz verbindet. Gewachsene Kommunikationswege müssen professionell weiterentwickelt werden, ohne deren Charakter zu verlieren. Das bedeutet zum Beispiel, informelle Kanäle durch gezielte Kommunikationsformate zu ergänzen, Führungskräfte im Umgang mit sensiblen Veränderungen zu begleiten oder Werte in konkrete Kommunikationsleitlinien zu übersetzen. Ziel ist es, Wandel nicht gegen die Kultur zu gestalten, sondern gemeinsam mit ihr - mit Respekt für das Gewachsene und Klarheit für das Kommende. 

Was sich gleicht: Professionalität und Klarheit 

Trotz aller Unterschiede gilt auch in Familienunternehmen: Kommunikation muss professionell, strategisch und zielgerichtet sein. Der Unterschied liegt weniger im „Wie“, sondern im „Warum“. Während Konzerne oft Kommunikation als Steuerungsinstrument verstehen, ist sie im Familienunternehmen häufig Teil der Identität und Verantwortung. Die Herausforderungen sind ähnlich: Auch hier müssen Veränderungsprozesse kommuniziert, Krisen bewältigt und Marken gestärkt werden. Doch die Perspektive ist oft eine andere - mehr Innenwirkung, mehr Sinnorientierung, mehr Menschlichkeit. 

Fazit: Kommunikation mit Haltung und Herz 

Kommunikation in Familienunternehmen ist mehr als bloße Information. Sie ist Ausdruck von Werten, Geschichte und persönlicher Verantwortung - und genau deshalb wirkt sie anders. In Zeiten des Wandels zeigen gerade diese Unternehmen, wie starke Kommunikation gelingt: wenn Haltung auf Herz trifft und Worte nicht nur Mittel zum Zweck sind, sondern Teil einer langfristigen Vision. 

Autor:in

Laura Berner-Knoll

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