Von Eisbergen, die dem Klimawandel trotzen

Woran denkst du zuerst, wenn du das Wort Eisberg hörst? An die schmelzenden Schollen am Nordpol? Oder an Leonardo di Caprio auf der sinkenden Titanic? Nachdem ich mich seit vielen Jahren mit Kommunikation in all ihren Facetten beschäftige, denke ich zuerst an das so genannte Eisbergmodell. Bestimmt schon gehört, oder? Doch was genau verbirgt sich eigentlich unter der Spitze des Eisbergs und wie kann uns das Modell helfen, die Akteure in der Interne Kommunikation besser zu verstehen und Kommunikation strategisch aufzusetzen?

Die Tiefen unserer Psyche

Das Eisbergmodell geht auf den Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud zurück. In seiner Persönlichkeitstheorie führte er die Unterscheidung von drei Systemen ein, die bis heute Anwendung finden: Das Bewusste, das Unbewusste und das Vorbewusste. Dabei spielen das Unbewusste und das Vorbewusste in unserem Verhalten eine weitaus größere Rolle als das Bewusste. Auch wenn Freud selbst den Eisberg noch nicht als Metapher herangezogen hat, liegt dem Eisbergmodell ebenfalls das Prinzip zugrunde, dass auch dort nur ein kleinerer Teil (20%) sichtbar ist, während der größere Teil (80%) unter der Wasseroberfläche verborgen ist (Pareto-Prinzip).

Von der Psychoanalyse zum Kommunikationsmodell

Die Übertragung des Modells auf die Kommunikation wird Paul Watzlawick zugeschrieben. In Bezug auf Kommunikationsprozesse bedeutet dies, dass nur ein kleinerer Teil einer Botschaft aus bewussten, sichtbaren und rationalen Informationen besteht. Das sind Zahlen, Daten, Fakten und eindeutige Aussagen, die wir mit Worten ausdrücken. Die so genannte Sachebene bildet die kleine Spitze des Eisbergs. Viel größer jedoch ist der unsichtbare Teil, die Beziehungsebene. Dazu zählen Gefühle, Ängste, Erwartungen, Instinkte aber auch Traumata. Gestik und Mimik lassen oft Rückschlüsse auf diese Ebene ziehen. Wer ohne Missverständnisse kommunizieren möchte, kann sich nicht lediglich auf das Gesagte konzentrieren. Wird die Beziehungsebene ignoriert oder falsch interpretiert, werden 80 Prozent der eigentlichen Nachrichten nicht oder falsch verstanden. Das Eisbergmodell hat nicht nur Bedeutung für zwischenmenschliche Dialoge. Auch für die Interne Unternehmenskommunikation spielt es eine entscheidende Rolle. Vor allem bei der kommunikativen Begleitung von Change Prozessen kann es hilfreich sein, das Eisbergmodell heranzuziehen.

Das Eisbergmodell in der Internen Kommunikation

Blicken wir auf ein aktuelles Beispiel: Nach mehreren Jahren der Pandemie gehen viele Unternehmen aktuell den Weg in eine neue hybride Arbeitskultur und wünschen sich, dass die Mitarbeitenden nach einer 100%igen Remote-Phase wieder mehr ins Büro kommen. Damit dieser Wandel gelingen kann, bedarf es einer kommunikativen Begleitung.

Die Formulierung neuer Regeln oder vielleicht sogar einer neuen gemeinsam verabschiedeten Betriebsvereinbarung bilden oft die Grundlage einer neuen hybriden Arbeitskultur. Keine Frage: Regelungen sind nicht nur aus arbeitsrechtlichen Gründen notwendig. Sie können Orientierung geben und eine gemeinsame Basis schaffen. Doch mit Blick auf die Kommunikation stellen sie nur die Spitze des Eisbergs dar. Bei den Mitarbeitenden treffen diese Informationen auf viele Emotionen, Werte oder Erwartungen, die mit dem Thema und mit den Erfahrungen aus der Pandemiezeit zusammenhängen.           

Unternehmen sollten bei der Internen Kommunikation auf eine emotionale Ansprache setzen, um die Mitarbeitenden unterhalb der Eisbergspitze zu erreichen. Welche Bedürfnisse verbergen sich hinter den neuen Regelungen? Einige Arbeiten lassen sich prima auch weiterhin von zu Hause aus erledigen. Bei anderen werden die Mitarbeitenden gebraucht - und zwar vor Ort. Beispielsweise, wenn es um die Einarbeitung neuer Kolleg:innen geht. Oder eben bei vielen Aufgaben, die sich nicht von zu Hause aus erledigen lassen, beispielsweise in der Assistenz oder im Facility Management. Unternehmen sollten dies in Worte fassen. Ein „Wir brauchen Dich“ spricht nicht nur stärker die Emotionen an, sondern klingt auch viel schöner als ein „Du musst…!“

Du willst gerne wissen, wie die Interne Kommunikation zum Erfolgsfaktor bei der Etablierung einer neuen hybriden Arbeitskultur werden kann? Dann lies gern unser neues Whitepaper zum Thema.

Das war (die) Spitze…

Auch dieser Blogartikel ist nur die Spitze eines Eisbergs. Hinter dem Thema verbergen sich weitere Kommunikationsmodelle, Anwendungsbeispiele und vieles mehr. Doch vielleicht vertrauen wir auf die Aussage von Ernest Hemingway, der die Metapher des Eisbergs zum ersten Mal genutzt hat und sagte: „Wenn der Schriftsteller nur aufrichtig genug schreibt, wird der Leser das Ausgelassene genauso stark empfinden, als hätte der Autor es zu Papier gebracht. Ein Eisberg bewegt sich darum so anmutig, dass sich nur ein Achtel von ihm über Wasser befindet.“

Autor:in

Analena Rischpler

Auf ihrem Weg vom Journalismus in die Agentur hat sie die Leidenschaft für Sprache im Gepäck. Komplexe Themen kleidet sie in einfache Worte, aus klaren Worten strickt sie überzeugende Argumente.

Verlässt gerne ihre Komfortzone – nicht nur beim Klettern, sondern auch beim Yoga. Auf Komfort verzichtet sie auch auf Reisen – am liebsten ist sie in ihrem Bulli in der Natur unterwegs. Ihr größtes Geschenk: die Welt aus den Augen ihrer Kinder erklärt zu bekommen.

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